NWZ 12.11.99

AUSSTELLUNG / Galerie Kränzl in Göppingen

Alles dreht sich um die Form
"Palette 99 - für Ronald Hughes" - Retrospektive und Gruppenschau

Eine Doppelausstellung zeigt derzeit die Galerie Kränzl.  Gewidmet ist sie dem im Frühjahr verstorbenen Ronald Hughes, dessen Werkstatt der Galerie angeschlossen war.  Während der hintere große Raum der Retrospektive des US-Bildhauers gehört; sind vorne Arbeiten von rund 20 Künstlern zu sehen.

MARLIES BIRKLE-HOSS

Nur eine kurze Zeit des freien künstlerischen Schaffens war Hughes, der noch nicht 60-jährig verstarb, zuletzt vergönnt.  Denn erst im Herbst 1997 bezog er die Räume der ehemaligen Schreinerei in der Davidstraße, um endlich ohne Auftragsarbeiten seinen eigenen und eigentlichen bildhauerischen und zeichnerischen Impulsen nachgehen zu können.  So hat er auf der einen Seite - für den Broterwerb ganz traditionelle Skulpturen geschaffen, aber gleichzeitig seine eigene künstlerische Entwicklung nicht aus den Augen verloren.
Hughes ist in allererster Linie Bildhauer, hat aber in Minnesota auch Zeichnen studiert.  Also geht nichts über, also dreht sich alles um die Form.  Das zeigen auch seine Exponate aus einem Zeitraum von gut dreißig Jahren, in deren Mittelpunkt die menschliche Figur steht.  Mit zu seinen Anfangszeiten gehören etwa üppige Frauenakte (von 1966); beim "Schachspiel" aus dem Jahr 1978 hat er sich äußerst phantasievoll mit dem Kubismus auseinandergesetzt.  Die Figuren der letzten zehn Jahre hat Hughes meist überstreckt und überdreht: Arme und Beine der Bronzemenschen sind extrem dünn geworden.  Spitz steht der Ellbogen ab, überdeutlich sind die Finger herausgearbeitet.  Das Interesse von Ronald Hughes gilt der Spannung seiner Körper und deren Öffnung.  Dieses Thema führt er denn auch weiter: Die Körpermitte schmilzt dahin, die Extremitäten wachsen sich zu Bögen aus, eine neue Figur ist entstanden, diesmal sehr weit entfernt vom menschlicher, Körper.
Schade, dass hier eine Entwicklung nicht weiter gegangen ist.  Hughes hat noch viel vorgehabt, wie seine überlebensgroßen StyroporEntwürfe beweisen.  Und schön, dass so ein Lebenswerk in einer Ausstellung gewürdigt wird.
Bleibt noch die Gruppenausstellung, die Hughes Werk umrahmen soll.  Auch Galeristin Trude Kränzl ist mit dabei, u. a. mit der neunfachen Sonnenfinsternis in Siebdruck.  Hans Rentschler als einheimischer Maler zeigt mehrere Bilder auch seiner abstrakten Phase, Rüdiger Penzkofer hat Linol-Druckplatten mit einfachen Zeichen bearbeitet und zusammengesetzt, Martin Pfeifle stellt mit kleinen Polyethylenringen große her, Elisabeth Romer stellt fotografisch und im Modell ihre Brutkasten-Installation vor, Annemarie Lauer führt ein Wandfries in Wachs aus, Sigrid Schraube hat Schuhe und ein "Six-Pack" aus handgeschöpftem Papier gefertigt, und Hildegard Esslinger experimentiert mit Fotografie.  Damit seien nur einige genannt, um einen Einblick in die Vielfalt zu gewähren.