NWZ 22. April 2002

AUSSTELLUNG / „Papierwelten" von Vito Capone aus Foggia und Eberhard Freudenreich aus Stuttgart bei Kränzl
Fast unerschöpflich: das Thema Papier
 
Mit den zwei Künstlern Vito Capone und Eberhard Freudenreich hat Galeristin Trude Kränzl eine pfiffige Auswahl getroffen. Beide arbeiten mit Papier, wobei der eine mehr auf sinnlichen, der andere eher auf abstrakten Ausdruck setzt. Zudem kommt Vito Capone aus Foggia, der italienischen Partnerstadt von Göppingen.

MARLIES BIRKLE-HOSS

Großer Bahnhof für den eigens zur Eröffnung aus Italien angereisten Vito Capone: In der Galerie Kränzl wird dieser von Kulturbürgermeister Jürgen Lämmle als „bedeutendster Künstler Foggias" begrüßt. Auch der Arbeitskreis Foggia und nicht zuletzt das Saxophonquartett der Göppinger Jugendkapelle steuerten das ihre für die Doppelausstellung in der Galerie Kränzl bei.
Vito Capones „Bücher" etwa sind von solch sinnlicher Qualität, dass man sie am liebsten betasten und möglichst auch noch beriechen möchte. Schließlich sind manche so kunstvoll zerfleddert und dunkel eingefärbt, als wären schon ein paar Jahrhunderte darüber gegangen. Aber die Bücher des 67-jährigen Italieners sind nicht nur wegen ihrer aufregenden Schnittkanten Kunstobjekte, die er in seiner Werkstatt in Foggia hergestellt hat. Auf kleinem Raum zeigt Capone Materialarbeiten wie Installationen mit Büchern, unterschiedlich angeordneten Papierrollen, dazu dreidimensional wirkende Papierbilder, in denen Struktur und Muster mit diversen Pflanzenfasern schön plastisch herauskommen. Zudem beschäftigt sich Capone mit dem Thema Schrift und Bild, indem er abstrakte Zeichen in Serie vorstellt.
Betrachtet man dazu Freudenreichs „Papierwelten", wird deutlich, welch nahezu unerschöpflichen Fundus die mit Papier verbundenen Kulturgüter Buch und Schrift darstellen. Durchaus ebenbürtig, aber konträr zu Capone lassen sich die Arbeiten des Stuttgarter Künstlers nicht so leicht erschließen. Eberhard Freudenreich ist im Ausdruck zurückhaltender und geht eher intellektuell mit seinen Themen um, zu denen Schnitte, Schichten sowie Positiv- und Negativformen gehören.
Freudenreich schichtet in seinen Bildern Papiere übereinander. Die Wirkung ist je nach Einschnitten unterschiedlich. Auch in seinen „Büchern" möchte man blättern, um zu erkunden, wo er hier welche Formen ausgeschnitten hat und wie es aussieht, wenn etwa alle Blätter dicht übereinander liegen. Denn Freudenreichs Objekte und Bilder sind, obwohl statisch, so doch äußerst wandelbar, weil sie auf wechselnde Lichtverhältnisse reagieren. Besonders reizvoll sind hier die großen schwarzen Arbeiten hinter Glas, wo weiße Wände samt Schatten ins Bild integriert werden.