NWZ 9.2.2000

AUSSTELLUNG / Galerie Kränzl

Die Straße zum Himmel

"Unterwegs" in der Göppinger Davidstraße 12 mit Kattrin Richter, und Ulrich Veigel

Wohin geht die Reise?  Bei Kattrin Richter endet sie genau im Winkel zwischen Wand und Decke, bei Ulrich Veigel finden sich Punkte, Striche und Menschen entweder in der Zusammenballung, der Zerstreuung oder im Weglaufen wieder.  "Unterwegs", ein Thema und zwei Künstler, die trotz Unterschieden zusammenpassen.

MARLIES BIRKLE-HOSS

Der im benachbarten Schwäbisch-Gmünd (und Helsinki) lebende Ulrich Veigel reduziert seine malerische Aussage auf Punkt und Strich. Seine Nähe zur Schrift, sein Bezug darauf zeigt er im hinteren Raum der Galerie Kränzl.  Hier hängen Bilder, die ganz wie echte Schriftstücke aussehen.  Und doch sind es "nur" schriftähnliche Zeichen, frei von jeglichem Inhalt und Bedeutung.  Vor allem liebt der Textildesigner den kurzen heftigen Strich.  Er spielt mit ihm, variiert Dichte, Farbe und Neigung.  So entstehen in seinen Arbeiten Strörme und Gegenströme, heller und dunkler werdende Zentren oder ein Bild mit dem Thema Vorder- und Hintergrund, aber ganz und gar nicht gegenständlich.

Zurückhaltung in der Farbe

Die konzentrierte rhythmische Bewegung mit der Hand scheint alle Arbeiten des 55jährigen zu durchdringen, die von Zusammen- und Auseinandergehen und von einzelnen Ausreißern handeln, ganz abstrakt natürlich, denn bei Veigel ist nichts Gegenständliches zu finden.  Auch in Bezug auf Farbe übt sich der seit sieben Jahren freischaffende Künstler in Zurückhaltung, außer in seinen kleinen Tuschearbeiten, die vor allem in ihrer Kombination ansprechend sind.

Begehbare Kunst

Zurückhaltung ist Kattrin Richters Sache dagegen nicht.  Sie geht auf den Besucher zu, bzw. der Besucher geht sofort nach Eintritt auf ihrer Kunst.  Er kann gar nicht anders, als dem blauen Weg folgen, dem geschlängelten Fluss, der schließlich entgegen der Schwerkraft die Treppen hochläuft, in einem Kabinett auf eine Kreuzung führt, dann die Wände hoch,- ins  Nichts. „Der Ausweg": Ein aus bemalten Hartfaserplatten bestehendes Verkehrsleitsystem, eine bewusst unvollendete Installation mit Modellcharakter. Aber gibt es da oben (Himmel, Unendlichkeit) wirklich einen Ausweg, wo doch niemand hinaufkommt oder ist es gerade auswegslos?  Das bleibt offen, wie die gesamte Installation offen ist.

"Denkmodelle"

Schließlich hat es auch etwas Spielerisches, auf das Publikum Bezogenes, wie die 35jährige Künstlerin mit ihren Themen umgeht.  Das zeigt sie nebenbei in ihren "Denkmodellen", von denen sie eins eigens für Göppingen, wie auch die spezielle Installation, gefertigt hat.  Es ist jeweils ein "offenes" Angebot, und das ist gut so, denn es beschäftigt Kopf und Fantasie und lädt, wie auch die Installation zum flexiblen Umgang damit ein.