DIFFERENT
 
Trotz der großen räumlichen Entfernung, Albert Borchardt kommt aus Eschweiler bei Aachen, Annemarie Laner aus dem Taufertal in Südtirol, gehen die beiden Künstler seit einem gemeinsamen Arbeitsstipendium in Worpswede (1997-98) immer wieder gemeinsam Projekte an. So auch bei der Ausstellung „Different". Der Titel der Aussstellung trifft zum einen die Unterschiedlichkeit der beiden Künstler, zum anderen ihre Arbeitspositionen. Ihre Projekte sind immer auf den Ort und Raum bezogen. Sie korrespondieren mit der gegebenen Situation, treten untereinander in Dialog und präsentieren sich völlig autonom.
     



  Albert Borchardt ist Vollblutmaler. Er malt plein air, draußen vor Ort in der freien Natur. Er tastet sie ab, reduziert sie auf klare Strukturen. In Acrylmalerei - englischrot, gelb, ocker, ultramarin - malt er alla prima auf leinwandüberzogene, rotbraun grundierte Tafeln. Seine Bildtafeln haben immer dasselbe Format, 18 x 24 cm. In der seriellen Anordnung verdichten sich die Bilderfolgen zu einem abstrahierenden Landschaftskontinuum. Die Strahl- und Aussagekraft der Bilder liegt in der souveränen Farb- und Formensprache. Die Landschaften sind menschenleer. „Wo keine Menschenseele stört" überschrieb Andrea Fink, die Bildserien in ihrer Einführung zu Borchardts Worpsweder Katalog. Borchardts Bilder lassen Raum für Meditation. Es sind Bilder der Stille, sie agieren wechselseitig mit dem Betrachter, rufen Erinnerungen und Vorstellungen hervor, lassen Landschaft und Geschichten neu entstehen. Ein wichtiger Bereich von Borchardts Malerei sind seine gn sich aber auf reale Strukturen: oft ist es der Feld- und Ackerboden, der sich in mikroskopischer Nahsicht öffnet.
     





 

Annemarie Laner reagiert sehr sensibel auf die Eigenheit eines Ortes, eines Textes oder Materials. Sie tastet sich behutsam an ihr Thema heran, kreist es ein, setzt Zeichen und Kürzel. Sie nimmt Gewohntes aus dem eingeschliffenen Kontext, setzt Kontrapunkte, wechselt vom Bezeichnen zum Erfinden. Da steigen Geschichten auf, von Alltäglichem und Außergewöhnlichem, Rationalem und Irrationalem, von Vertrautem und Fremdartigem, von Flüchtigem und Bestehendem. Sie variiert ihr Thema, vertieft es, macht es immer wieder von einem neuen Standpunkt aus erfahrbar. Die „Abendübungen" setzen Fragmentarisches um und verstehen sich als grafische Splitter chiffrierten Denkens. Durch das Verfremden gerät manches „déjà vu" ins Wanken und schlägt um in eine neue Bildfindung. Das Projekt „ODER WO, Klischee zum Mythos eines Ortes" besteht aus 1683 verkohlten Brötchen. Es sind multiples (Auflagenobjekte), nummeriert, signiert und datiert. In der graphitähnlichen Schwärze entfaltet sich eine ganz eigene Ästhetik. Vom Inhaltlichen her geht es um das Klischee eines Ortes. Worpswede - Ende des 19. Jahrhundert gegründete Künstlerkolonie - war der 1. Präsentationsort. , ein beliebter, klischeebeladener Ort. Im letzten Jahr wurde die Brötchenarbeit ein 2. Mal in Innsbruck, im Tiroler Kunstpavillon gezeigt und bezog sich auf das Alpenglühn. Jetzt ist ein Teil der Arbeit in neuer Konstellation in Göppingen, der Hohenstauferstadt, ausgestellt. Orte sind austauschbar. Hier wie dort geht es um Inbegriffe romantischer Verklärung, um Bezüge des Schwelgens und des Vergehens und um die Brüchigkeit des Lebendigen.



© Galerie Kraenzl