JORGEN KOTTSIEPER, GUNDA SCHEEL
schwarz auf weiß
Zeichnung und Photographie

Reaktion auf die Einladungskarte,
die Fotografie und Zeichnung zusammenkommen läßt

Das Kleid hängt,
hängt ohne Nagel.
Als vertikale Struktur
erhält es den Charakter von Haut,
einer vorausgegangenen Häutung:
Schimäre einer EVA.
ADAM taucht auf
in der Präzision der Zeichnung;
Beschränkung auf
Horizontale
Vertikale
und spärlicher - Diagonale.
Diese Protoarchitektur
eines Menschen.
EVA und ADAM
entbehren beide
der Verankerung
im oben
im unten.

Wahrnehmung einer Gegenüberstellung:
wie zufällig
ist diese Wahrheit?

Ingeborg Bauer
Im Mai 2001


 
 

Nach der Betrachtung von GUNDA SCHEELS Fotografien

Der Stoff, aus dem die Träume sind  -
Stoffe wie Träume sind formlos,
erhalten Form durch den Träger,
Struktur durch den Träumenden.
Stoffe sind leblos,
sie verflachen, verkümmern,
hängen schlaff an einem Haken.
Doch bauschen sie sich auf im Wind,
werden zur flatternden Fahne,
grenzen ans Mysterium
im gleitenden Licht.

Das Unbelebte belebt sich,
wird zum Schemen,
zur Schimäre.
Die Gesten des Mantels,
die Gebärde des Vorhangs -
ein Griff ins Unbekannte
verwandelt,
spannungsvoll bedrohlich,
besänftigend sanft.

LICHT und SCHATTEN
schaffen Welt,
relativieren die Sicht des Alltags:
die WAHRheit liegt
im AUGEN-BLICK der
WAHRnehmung.

Das Ornament wird lebendig,
das Lebendige wird zur scheinbar unbelebten Struktur
Der Tischfuß erweist sich als Verwandter
der Katzenpfote,
die Katze selbst, in den Schatten gerückt,
löst sich auf ins Nichts.
Ihr Schattenbild
erhält andere Qualitäten.

WAHRHEIT
liegt in der
WAHRNEHMUNG.
 

Ingeborg Bauer
Im Mai 2001



Gedanken zu Zeichnungen von JÜRGEN KOTTSIEPER:

Woher und Wohin

Dieses Hängen,
dieses Schweben im Raum:
Architektur ohne Boden
in die Tiefe
in den Raum
in die Leere
in den Abgrund -
Anlehnung an Piranesi:
Herausfürung aus den Carcerl?

Verdichtungen der Linien
Anlegen eines Netzes:
Giacomettis Blick.

Die Dichte der Schraffur
die Schwärze
das Fallen:
Dürrenmatts Tunnel.

Das Unausweichliche
von Kafka -
nur zarter:
das Schilfrohr,
die Reuse,
Stege im Morgennebel:
Form wächst aus dem leeren Raum.
 

Ingeborg Bauer
Im Mai 2001


KOTTSIEPER
DUKT (Bleistift auf Papier)
Beobachtungen

Schraffierung erzeugt Dunkelheiten,
Dichte, läßt Heiligkeiten zu,
Linien führen hinein in die Form.
Die Vertikale erhebt sich
über die Horizontale,
verwischt sie,
läßt sie ausufern.
Bögen über dem Wasser,
dem Fluss,
dem Fließenden,
dem Grund, der sich lichtet und löst.
Viele mögliche Wege, Unwege,
und menschenleer!
Der Betrachter macht sich dennoch
auf den Weg, ist unermüdlich,
verliert sich
in die Ferne,
in unbekannte Dunkelheiten,
verläuft sich
im Nirgendwo.
Es gibt Knotenpunkte und Kreise;
Pole, auf die du dich zu bewegst.
Doch kannst du verweilen?
Der spiralige Sog
schwarzer Löcher
oder weiter Himmel!
Doch liegt die Betonung
auf den Wegen;
dem Labyrinth des Minos
nähert sich der Betrachter
als Protagonist von Kafka.
 

Ingeborg Bauer
Im Mai 2001
 
 
 
 
 
 

© Galerie Kraenzl